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Gewerbliche Leistungen der öffentlichen Hand – Umsatzsteuerliche Behandlung neu geregelt

Stand:
Thematik: Steuern und Rechnungswesen

Bisher unterlagen Tätigkeiten der öffentlichen Hand grundsätzlich nicht der Umsatzsteuer. Damit verstieß Deutschland jedoch gegen die europäischen Umsatzsteuerrichtlinien, wie der Europäische Gerichtshof (EUGH) und der Bundesfinanzhof immer wieder betonten. Ab 2016 tritt deswegen bundesweit ein neues Gesetz in Kraft, das eine differenzierte Umsatzbesteuerung von Leistungen der öffentlichen Hand vorgibt.

Die Finanzverwaltung hat wiederholt die entsprechenden EUGH-Urteile nicht amtlich veröffentlicht und daher in Deutschland nicht angewendet. Im Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung wurde vereinbart, dass man zwar die Bedenken der Gerichte berücksichtigen muss, andererseits aber die Zusammenarbeit verschiedener Körperschaften des öffentlichen Rechts möglichst ohne zusätzliche Umsatzsteuerbelastung regeln will.

Unter dieser Maßgabe hat der Gesetzgeber im Steueränderungsgesetz 2015 unter Anderem die umsatzsteuerliche Behandlung von Leistungen der öffentlichen Hand neu festlegt.

  • Neu ist, dass Leistungen der öffentlichen Hand auf privatrechtlicher Grundlage den normalen Umsatzsteuergrundsätzen unterliegen.
  • Neu ist ebenfalls, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts die so genannte Kleinunternehmer-Grenze von 17.500 Euro bis zu der aus Vereinfachungsgründen eine Besteuerung unterbleibt, nutzen können – gegebenenfalls mehrfach.
  • Leistungen der öffentlichen Hand auf öffentlich-rechtlicher Grundlage bleiben grundsätzlich ohne Umsatzsteuerbelastung, sie unterliegen nur dann der Umsatzsteuer, wenn eine Nichtbesteuerung zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
  • Zur Umsetzung wird eine großzügige zeitliche Übergangsregelung geschaffen.

Diese Bestimmungen werden sehr genau daraufhin untersucht werden müssen, welche Chancen, aber auch welche Risiken sich für die einzelnen juristischen Personen des öffentlichen Rechts ergeben. 

Ihre Anwendung kann bis zum Ende des Jahres 2020 hinausgeschoben werden kann. Dazu muss jede juristische Person des öffentlichen Rechts, wie zum Beispiel Gemeinde, Kreis, Land, Zweckverband, Universität oder Kammer, ihrem zuständigen Finanzamt im Laufe des Jahres 2016 erklären, dass die Neuregelung noch nicht sofort angewendet werden soll. Um sachgerecht beurteilen zu können, ob ein solcher Antrag auf Hinausschieben sinnvoll ist oder nicht, muss der jeweilige Einzelfall sehr genau geprüft werden. Die Finanzverwaltung hat für 2016 ein umfangreiches Anwendungsschreiben in Aussicht gestellt, das nähere Details regeln soll.

Zwingend muss die neue Umsatzsteuerregelung ab 2017 angewendet werden, wenn im Jahr 2016 kein Antrag auf Anwendung der Übergangsregelung gestellt wird. Zudem betrifft die Neuregelung auch diejenigen Institutionen des öffentlichen Rechts, die bisher gar nicht steuerlich erfasst sind.

Unser Rat

Die Beratungspraxis zeigt, dass vielen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Betrieben gewerblicher Art die neuen Umsatzsteuerregelungen gar nicht bekannt sind, auch die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind ihnen oft nicht bewusst. Wenn Sie ein öffentliches Amt bekleiden, informieren Sie die Gremienvertreter entsprechend. Die SHBB-Beratungsstellen stehen für umfassende Beratungen zur Verfügung.