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Bundesregierung plant eine Umsatzobergrenze von 600.000 Euro – Umsatzsteuerpauschalierung

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Thematik: Steuern und Rechnungswesen

Seit mehr als zwei Jahren drängt die EU Deutschland dazu, die gesetzliche Pauschalierungsregel für die Umsatzbesteuerung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben mit dem EU-Recht in Einklang zu bringen. Mit dem Jahressteuergesetz 2020 könnte der Bund das Gesetz nun tatsächlich anpassen. Von der diskutierten Änderung wären nach ersten Schätzungen deutschlandweit rund 20.000 Betriebe betroffen.

Den Streit mit der EU über die deutsche Umsatzbesteuerung der Landwirtschaft will die Bundesregierung offenbar mit einer Umsatzobergrenze lösen: Demnach sollen künftig nur noch Unternehmen bis zu 600.000 Euro Jahresumsatz von der Möglichkeit der Umsatzsteuerpauschalierung Gebrauch machen dürfen. Eine entsprechende Gesetzesanpassung soll bereits mit dem Jahressteuergesetz 2020 beschlossen werden. Erstmalig anzuwenden wären die neuen Regelungen nach dem Gesetzentwurf auf Umsätze nach dem 31.12.2021. Für die erstmalige Anwendung in 2022 wären die Umsätze des Jahres 2021 ausschlaggebend, da immer der Vorjahresumsatz herangezogen werden soll.

Seit langem kritisiert die EU, dass Deutschland allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben eine Umsatzsteuerpauschalierung ermöglicht (Land & Wirtschaft berichtete zuletzt in Ausgabe 1/2020). Dabei sei die Pauschalierung nach den EU-Vorschriften nur für Unternehmen zulässig, bei denen die Anwendung der normalen Umsatzsteuerregelung einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand zur Folge hätte. Die nicht vorhandene Differenzierung im deutschen Recht führe zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem EU-Binnenmarkt. Um den Druck zu erhöhen, hatte die EU-Kommission im Februar Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen Deutschland eingereicht.

Tatsächlich nutzen hierzulande mehr als zwei Drittel aller landwirtschaftlicher Betriebe die Pauschalierung. Sie verkaufen ihre Waren nicht mit der üblichen Umsatzsteuer, sondern erhalten auf den Nettopreis einen speziellen Durchschnittssteuersatz: 10,7 Prozent für landwirtschaftliche und 5,5 Prozent für forstwirtschaftliche Erzeugnisse. Die eingenommene Umsatzsteuer führen sie nicht an das Finanzamt ab, bekommen aber auch die auf Vorleistungen, Investitionen und andere Ausgaben gezahlte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer erstattet.

Mit der Obergrenze reagiert Deutschland auf die Kritik, dass auch Großbetriebe die Pauschalierung nutzen. Nach Schätzungen der Bundesregierung erzielen rund 20.000 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland einen Jahresumsatz von mehr als 600.000 Euro. Sie wären von der Gesetzesänderung betroffen und müssten, sofern sie bisher pauschalieren, spätestens ab 2022 in die Regelbesteuerung wechseln. Doch es gibt noch einen weiteren Kritikpunkt der EU: die Höhe der Steuersätze. Die EU-Kommission ist der Auffassung, dass die deutschen Landwirte durch zu hohe Pauschalsteuersätze deutlich mehr Umsatzsteuer einsparen, als sie an Vorsteuer zahlen. Nach bisher vorliegenden Informationen schlägt die Bundesregierung daher ein Monitoring vor, um den Pauschalsteuersatz jährlich anhand statistischer Daten überprüfen und gegebenenfalls anpassen zu können.

Land & Wirtschaft wird über das Gesetzgebungsverfahren weiter berichten. Zur Umsatzsteueroption beachten Sie bitte unseren Artikel „Steuertipps zum Jahreswechsel“ auf Seite 4 von Land & Wirtschaft.

 

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