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Bundesfinanzministerium ändert Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Unternehmereigenschaft von Aufsichtsräten

Stand:
Thematik: Steuern und Rechnungswesen

Das Bundesfinanzministerium hat den Anwendungserlass zur Umsatzsteuer bezüglich der Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern geändert. Demzufolge ist ein Aufsichtsratsmitglied dann nicht selbstständig tätig, wenn ihm für seine Tätigkeit eine feste Vergütung gezahlt wird. Die Änderung war notwendig, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteilen aus November 2019 seine bisherige Rechtsprechung geändert und sich in dieser Frage der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) angeschlossen hatte (Land & Wirtschaft berichtete in Ausgabe 2/2020). Für Zahlungen bis Ende des Jahres 2021 will die Finanzverwaltung die Anwendung der alten Regelung nicht beanstanden.

Bislang konnten sich Aufsichtsratsmitglieder und beaufsichtigte Gesellschaften darauf berufen, dass dem Umsatzsteueranwendungserlass zufolge die Aufsichtsratstätigkeit stets zur Unternehmereigenschaft führt. Mit der Änderung des Erlasses ist dies nun nicht mehr möglich. Erhält ein Aufsichtsratsmitglied eine nicht variable Festvergütung und trägt es kein wirtschaftliches Risiko, ist es nunmehr als nicht selbstständig tätig im Sinne des Umsatzsteuergesetzes einzustufen. Unerheblich ist, ob die Vergütung in einer Geldzahlung oder einer Sachzuwendung besteht oder ob sie nachträglich für mehrere Jahre gezahlt wird. Der Status des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds nach anderen, insbesondere aktienrechtlichen Vorschriften wird durch die Neuregelung nicht berührt.

Eine Festvergütung liegt dem neuen Erlass des Bundesfinanzministeriums zufolge insbesondere vor, wenn das Aufsichtsratsmitglied eine pauschale Aufwandsentschädigung für die Dauer seiner Mitgliedschaft im Aufsichtsrat erhält. Sitzungsgelder, die ausschließlich bei tatsächlicher Teilnahme an Sitzungen bezahlt werden, sind dagegen keine Festvergütungen. Dasselbe gilt für Aufwandsentschädigungen, die sich nach dem tatsächlichen Aufwand bemessen.

Besteht die Vergütung sowohl aus festen als auch aus variablen Bestandteilen, ist der prozentuale Anteil der variablen Vergütungen entscheidend. Betragen die variablen Bestandteile im Kalenderjahr mindestens zehn Prozent der gesamten Vergütung, ist das Aufsichtsratsmitglied aus umsatzsteuerlicher Sicht grundsätzlich selbstständig tätig. Davon können aber in begründeten Fällen, die vom Bundesfinanzministerium nicht näher erläutert werden, Ausnahmen gemacht werden. Reise kosten bleiben bei der Berechnung der 10-Prozent- Grenze außer Betracht.

Alle Kriterien sind für jedes Mandat eines Aufsichtsrats separat zu prüfen. Auch die Haftung für pflichtwidriges Verhalten nach dem Aktiengesetz führt allein nicht dazu, dass das Aufsichtsratsmitglied selbstständig tätig ist. Dies gilt auch für Mitglieder von Ausschüssen, die der Aufsichtsrat bestellt, und für Mitglieder anderer Gremien, die der Kontrolle der Geschäftsführung dienen. Für Mitglieder von Geschäftsführungsgremien hingegen gelten diese Maßstäbe nicht. Eine Sonderregelung sieht die Finanzverwaltung außerdem für Beamte, andere Bedienstete einer Gebietskörperschaft und Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung vor, wenn sie verpflichtet sind, einen Teil der erhaltenen Vergütung abzuführen.

Die neue Regelung ist in allen offenen Fällen anwendbar. Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten beanstandet es die Finanzverwaltung aber nicht, wenn die bisher geltende Regelung noch auf Leistungen angewendet wird, die bis einschließlich Ende 2021 ausgeführt worden sind.

 

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